Tierhalterhaftpflicht: Wann gilt der Leistungsausschluss?

Ein Tierhalterhaftpflichtversicherer darf die Leistung bei bewusster Pflichtverletzung ausschließen. Das geht aus einem Urteil des OLG Frankfurt hervor. In dem Fall muss der Versicherer nun jedoch trotzdem 100.000 Euro an ein Kind zahlen, das von einem Hund ins Gesicht gebissen und dabei schwer verletzt wurde.

Beware of Dogs

Warnung vor dem Hund. Quelle: Pixabay.com

Ob Hundebesitzer eine Tierhalterhaftpflichtversicherung abschließen müssen, ist je nach Bundesland unterschiedlich geregelt. Einige Länder sehen eine grundsätzliche Pflicht vor, andere wiederum schreiben nur für auffällige Hunde eine Versicherung vor und Mecklenburg-Vorpommern sieht als einziges Bundesland sogar überhaupt keine Versicherungspflicht vor.

Doch nur weil man eine Tierhalterhaftpflicht hat, heißt das noch lange nicht, dass alle durch den Hund verursachten Schäden übernommen werden. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main musste in einem aktuellen Verfahren urteilen, ob ein Versicherer die Übernahme von Schäden ausschließen darf, wenn der Tierhalter bewusst von gesetzlichen Regelungen zur Haltung von Hunden abgewichen ist.

Leistungsausschluss bei bewusst pflichtwidrigem Verhalten

Eine Frau hatte eine Tierhalterhaftpflichtversicherung abgeschlossen. In den allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) des Vertrags hieß es, dass Ansprüche ausgeschlossen werden, wenn der Versicherte bewusst von Gesetzen, Verordnungen und behördlichen Verfügungen abweicht, die die Haltung und Züchtung von Hunden am Wohnort des Versicherungsnehmers betreffen. Im konkreten Fall war das Hessen.

Hund hatte bereits ein Kind gebissen

2011 hatte der Mischlingshund der Frau ein zehnjähriges Mädchen gebissen. Daraufhin ordnete die zuständige Behörde im Juni 2012 an, dass ein Begegnungskontakt des Hundes mit Kindern bis ungefähr 14 Jahren vermieden werden müsse. Im gleichen Monat war die Frau jedoch mit ihrem angeleinten Hund in einem Park mit Kinderspielplatz unterwegs. Im Zuge dessen setzte sie sich zwischenzeitlich auf eine Parkbank und sprach mit einer Bekannten, als sich ein zweijähriges Kind dem Hund näherte.

Schwere Verletzungen nach Biss ins Gesicht

Das kleine Kind streichelte den Hund am Rücken und tastete sich in Richtung Kopf vor. Daraufhin knurrte der Hund und biss dem Kind ins Gesicht. Das Kind erlitt dabei schwere Verletzungen und musste anderthalb Monate stationär behandelt werden. Gegen die Frau erging daraufhin ein Strafbefehl wegen fahrlässiger Körperverletzung. Außerdem wurde sie zur Zahlung von 100.000 Euro an das Kind verurteilt.

Versicherer lehnt Kostenübernahme ab

Die Frau ging davon aus, ihre Tierhalterhaftpflichtversicherung käme für die Zahlung an das verletzte Kind auf. Doch der Versicherer lehnte die Kostenübernahme ab. Schließlich habe die Frau zum einen gegen das behördliche Kontaktverbot des Hundes mit Kindern verstoßen und zum anderen mit dem Tier ein Gelände betreten, auf dem Hunde verboten seien. Die Frau klagte daraufhin gegen ihren Versicherer und forderte von den Zahlungsansprüchen freigestellt zu werden.

Prozessverlauf

Vor dem Landgericht Wiesbaden wurde ihre Klage abgewiesen, aber vor dem Berufungsgericht sah das anders aus. Das OLG Frankfurt am Main gab der Klage der Frau statt, wenngleich die Klausel in den Versicherungsbedingungen nicht ungültig ist.

AVB sind zulässig

Nach Ansicht des OLG sei die Klausel nämlich weder ungewöhnlich oder überraschend noch benachteilige sie die Versicherungsnehmerin unangemessen. Vielmehr entspreche die Klausel dem Transparenzgebot und sei klar und deutlich formuliert. Es müssten nicht alle Ausnahmen und Regelungen aufgezählt werden. Auch stehe der Versicherer nicht in der Pflicht, dem Kunden das eigene Nachdenken zu ersparen, so das Gericht.

Pflichtwidrig, aber nicht bewusst pflichtwidrig

Die Klage der Frau hatte vielmehr deshalb Erfolg, weil das Gericht in ihrem pflichtwidrigen Verhalten kein bewusstes Handeln erkannte. Die Frau habe glaubhaft gemacht, nicht gewusst zu haben, dass Hunde in dem Park verboten seien. Sie habe den Spielplatz nicht gekannt und sei zum ersten Mal dort gewesen. Außerdem könne nicht nachgewiesen werden, dass ihr der Bescheid der Behörde über das Kontaktverbot zum Zeitpunkt des Vorfalls bereits zugegangen war. Die Frau habe dementsprechend pflichtwidrig gehandelt, aber das nicht bewusst getan. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Versicherer kann noch die Zulassung der Revision vor dem BGH begehren. (tku)

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